vulpecula.

Zusatzinformationen zu zu wort

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Sein Gegenüber ist spröde

Ein Streiten und Biegen

Eine Lösung

Die Richtung begrenzt er

Der aufrechte Maler

Hätt gerne ein Stück Seele

Seines Vor-Bildes

Und ist bereit dafür

Ein Stück seiner zurückzugeben

Und am Ende

Hat er sein ganzes Ich

Vergeben

Er wird völlig Eins

Mit seiner Um-Gebung

(11.01.2005)

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Die entscheidende Frage ist:

Hat das mein Kopf gesagt?

Hat das mein Gefühl gesagt?

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Sondern malen, was gemalt werden will!

Frage: „Kann ich das Malen?“

Hierbei handelt es sich um die größten übermalten Drucke   (135cm x 90cm) von Bernhard Maria Fuchs.

Zur Technik: Zuerst hat er sein Motiv in einen Hallenboden geflext, auf diesen Farbe aufgebracht und anschließend mithilfe einer Straßenwalze auf Jute gedruckt. Nach einer Trocknungsphase wurde der Druck dann auf einen Keilrahmen aufgezogen.
Als letzten Schritt erfolgte die Übermalung.
In unseren Augen steht das Zitat für die Hürden des Malprozesses.
Der Anfang des spröden Bodens, der bearbeitet wird. Ursprünglich meinte er mit Malgrund wohl die Leinwand selbst und er bezog sich auf seine Landschaftsbilder in Öl auf Jute.
Später dann der Kampf mit den, durch den zuvor erfolgten Druck vorgegebenen, Linien und Flächen. Diesem zweidimensionalen Druck Farbe und Leben zu geben und die Eindrücke der Natur aufzunehmen, dass sie am Ende mit den Vorgaben zu einer Arbeit zusammen fließen.

Für uns steht das Zitat für die zeitliche Abfolge seines Schaffens.
Für ihn malten Kinder instinktiv, so wie sie etwas wahrnehmen, direkt, ungefiltert.
Bei ihm selbst war das auch so. Später im Studium erlernte er die Technik.
Sein – in seinen Augen – schwerster Schritt war es, das Wissen um die Technik zu behalten und trotzdem wieder instinktiv zu malen, entsprechend der Wahrnehmung des Augenblicks.

Das Gemälde auf dem Bild ist nicht das im Katalog. Wir haben es hier gewählt, weil man auf dem Foto des Gemäldes im Entstehungsprozess den Unterschied von objektiver und seiner gefühlten Realtität schön sehen kann.

Er war draußen unterwegs und nahm etwas wahr (einen bestimmten Platz/ein Gefühl in einem Moment an einem Ort). Es folgte die selbstgestellte Frage, ob er das Motiv in dem Moment malen kann.
Beim Truppenübungsplatz, im Fall unserer Gemäldeauswahl, zusätzlich die Frage ob er nach all der Zerstörung („Meine Heimat und ihre Feinde“) die Belastung wieder abstreifen und etwas so Reines malen kann.
Bei „Kann ich das Malen?“ kann man jedes Wort einzeln betonen und jedes Mal ergibt sich eine andere Frage. Nur wenn er alle Fragen mit „Ja“ beantworten konnte, konnte das Bild am Ende stimmig und kraftvoll sein oder überhaupt erst entstehen.

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…längeres Arbeiten an einem Bild, über Tage oder Wochen, wird immer dazu führen, dass der Autor zunehmend seinem Ideal/Wunschbild folgt: Der Tod des radikalen Wagnisses. (25.04.2008)

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Maler = Spieler

Bei „Verlust“: Erhöhung des Einsatzes radikales Überabreiten

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Ehrliche Bilder

Bilder als Hinweis auf die unergründlichen Geheimnisse, die die Natur birgt. (24.06.2005)

Unser Vater hat damals, als er unter anderem an diesem Bild malte, eine Art Tagebuch geführt, in dem er den Kampf aufschrieb, den er damals führte…
Das Zitat steht im Gegensatz dazu und wurde viel später verfasst. Somit bestätigt es, warum er später so arbeitete wie er arbeitete und nicht mehr so wie damals. 


Brief an sich selbst:
20.10.1987

Soviel voraus-, jetzt sitz ich in meinem Zimmer auf der Couch. Es ist acht Uhr abends und ich hab gerade ein Stillleben gemalt: Zwei Pappkartons, eine Kreidezeichnung und zwei Flaschen vor Wand und Boden (das über eine schlechte Jura-Winter-Landschaft). Zuerst waren noch fünf Mandarinen und eine Gummi-Saugglocke mit auf dem Bild- hab ich nach und nach gelöscht. Bei Dunkelheit betrachtet sind die Farbwerte gut, nur der Fußboden hat zu wenig Struktur, gehört auch eine Idee dunkler. Ich mache nochmal helles Licht an, überprüfe es und bessere es aus. 


11 Uhr – Alles Mist. Das Bild im Bild, das ich seitenverkehrt zum rechten auf die linke Seite gesetzt hab ist bereits wieder übermalt. Das rechte werd ich auch übermalen, durch einen dunklen Pappkarton ersetzen. – Außerdem ist der Boden jetzt zu dunkel. Ich glaub, ich mach das morgen früh. 

21. 10.1987 9:00
Das Flaschen-Stillleben von gestern ist noch nicht zufriedenstellend. Beim Frühstück hab ich beschlossen, die dicken Striche erstmal einen oder zwei Tage antrocknen zu lassen. Ein anderes Arrangement liegt bereits auf dem Tisch. Gegensatz total: aufgeschlagenes Pornoheft, darüber ein Papst-Autogramm und Rosenkranz. Übermale eine Stadtlandschaft. 


7:00 abends
Mein letztes Bild habe ich mittags aufgehört. Muss mich vorher eingehender damit beschäftigen. Nachmittags endlich den dritten Teil meiner Linol-Kreuzigung ausgeschnitten! ist jetzt druckreif. Außerdem habe ich eine Naturstudie meiner plumpen Tonvase mit Rose gezeichnet. Manchmal denke ich ich müsste mehr Studien betreiben, die Gegenstände auf den Stillleben genauer untersuchen. Trotzdem spür ich ganz genau, dass endlich meine Stillleben irgendwann genauso gut werden wie die Landschaften. Hoffentlich verlieren sich die Hemmungen vor dem Metier. 

22.10. Mittag
Heute morgen habe ich das Flaschen-Stillleben übermalt und bin zufrieden damit. Auch an den anderen Stillleben habe ich rumgemurkst. – ist jetzt zurück gestellt für ein paar Tage…

Bei dem Gemälde wurde im Nachgang der Himmel überarbeitet. Das zeigt ein zweites Datum hinten auf dem Bild.

Die Überarbietung erfolgte vermutlich, weil er den Himmel im Nachhinein nicht als diesen erkannt hat, den er während des Malprozesses empfunden hatte. So hat er später noch einmal zum Pinsel gegriffen und angefangen radikal zu überarbeiten. Auch unter Inkaufnahme der Zerstörung des schon bestehenden Gemäldes. Besser gar kein Gemälde des Augenblicks, als eines das den Moment falsch wiedergegeben hätte.

Die „Quelltöpfe“ sind offiziell „trichter- oder kesselförmige Wasseraustrittsstellen einer Karstquelle“. 

Bei Pollanten gab es einen Wald, in dem das Wasser in dieser Form aus der Erde nach oben kam. Das hat unseren Vater so fasziniert, dass er dort gleich mehrere Bilder malte.
Woher das Wasser genau kommt, bleibt ein Geheimnis (daher unsere offensichtlichste Verknüpfung zum Zitat).
Beim Betrachten des Gemäldes wird für uns jedoch die Verbindung zum Zitat noch offensichtlicher. Es ist klar eine Landschaft, doch dabei ist nicht eindeutig, was auf dem Boden stattfindet. Jedoch wird vermutlich jeder Betrachter durch Aufbau und Farben, die positive Verknüpfung unseres Vaters zu diesem Ort ausmachen.

Das Bild ist der Hinweis.

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– Ankommen und malen

– kurze Aufenthalte

– keine Vorinformationen über den Ort

– keine Landkarten

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Kunst darf nur an ihrem Grad der Wahrheit und Wahrhaftigkeit gemessen werden. (23.01.2006)

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Bilder finden hinter dem Abbild! (23.04.2006)

Bernhard Maria Fuchs reiste stets mit Papier und Stiften in fremde Länder, aber oft auch mit Leinwänden.
Diese Leinwände befestigte er mit Abstandshaltern in einem Paket, um sie sicher zu transportieren und vor allem, um auf dem Rückweg die nassen Farben nicht zu verschmieren.
Die meisten Zeichnungen versendete er als Postkarten an Freunde/Verwandte. Sie sind für uns der Innbegriff des Zitats, weil sie spontan überall entstehen konnten, während die Leinwand geplant mitgenommen werden musste.

Wir hatten obriges Gemälde ursprünglich in die Katalog-Auswahl für dieses Zitat aufgenommen. 

In dem Augenblick, als es an das Setzen des Buchs ging, trafen wir im letzten Moment eine Entscheidung gegen das Bild und für ein komplexeres Gemälde, in dem man die Balance genauer erkennt. (Dieses hingegen ist in der Ausstellung in Schwabach zu sehen.) 
Es spiegelt zwar einerseits durch die klaren, wenigen, prägnanten Pinselstriche perfekt die Leichtigkeit wieder, mit denen etwas auf den Punkt gebracht wird. Andererseits ist es ein sehr kleines Bild. Diese sind, mit Ausnahme des Niemandslandzyklus, immer als „Nebenprodukt“ entstanden. Heißt: Er hat eine großformatige Leinwand mit einer Landschaft bemalt und nebenher eine „kleine“ wie diese. Dadurch lag allerdings oftmals der Fokus auf dem Großen. Das macht die Kleineren nicht schlechter, eher genau das Gegenteil, aber sie sind noch unbewusster und intuitiver entstanden. Damit stehen sie voll und ganz für die Malerei unseres Vaters, aber durch die vorrangige Leichtigkeit weniger für dieses spezielle Zitat.

Die Waldbilder erscheinen auf den ersten Blick schwarz/weiß, eindimensional. 

Steht man jedoch einmal länger davor, werden die Abstufungen immer stärker sichtbar. Es entsteht zunehmend mehr Tiefe.
Schließlich meint man, in einem Bild eine Lichtung zu erkennen, die hinter der letzten Baumreihe erscheint. Auf anderen ergeben sich plötzlich Formen von Menschen, Wegen, Baumstümpfen.

 

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Jede Erwartung ist der Tod wahrhaftiger Kunst.

seite 51

  • durch Nacharbeit wird ein theoretisch erarbeitetes Bild in den Vordergrund gerückt
  • belassen eine „gnadenlos“ akzeptierten Wahrheit des Moments.

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Die gleiche Frage stelle ich mir manchmal in meinen Bildern.

Ich verzerre manchmal meine Komposition. Denn vielleicht hat diese verzerrte Komposition mehr Wahrheitsgehalt als jene Information, die mir Auge und Gehirn liefern.

Die hier gezeigte Brücke ist sehr negativ besetzt, da sie mit vielen Selbsttötungen in Zusammenhang steht. Erwarten würde man, dass sich das bei einem Bild dieser Brücke in gedeckten Farben ausdrückt (was in späteren Gemälden der Brücke auch tatsächlich der Fall ist). Hier jedoch leuchten die Farben, es wirkt froh und heiter.

Auf der Rückseite des Gemäldes stehen drei Datumsangaben. 

Das bedeutet, dass drei Mal ein komplett anderes Gemälde, auf der gleichen Leinwand, erschaffen wurde. Die beiden ersteren waren nachher nicht das, was er umsetzen wollte bzw. er hatte vermutlich das Gefühl, dass das, was er beim Malen wahrnahm, nicht dem entsprach, was nachher auf der Leinwand sichtbar war. Statt zu versuchen „nachzubessern“ und das Gefühl nachzuempfinden, verwarf er stattdessen das gesamte Bild. Er übermalte die komplette Leinwand mit einem anderen Gemälde an einem anderen Ort und an einem anderen Tag.
Und dann ein drittes Mal.

 

Das war eins der Bilder, die schweren Herzens ganz am Ende noch aus der Auswahl für den Katalog „geflogen“ sind. Vermutlich war es die längste Debatte die wir diesbezüglich hatten. Und so war es am Ende der einzige Kandidat, der aus gestalterischen Gesichtspunkten nicht aufgenommen wurde.
Deshalb wird das Gemälde sicherlich in einer Ausstellung mit diesem Zitat gezeigt werden. 
Im Endeffekt spiegeln die drei Sonnen genau diese Verzerrung wieder. Sie entstanden, weil die Sonne während des Malprozesses wanderte und jedes Mal, wenn er sie wahrnahm, wieder auf dem Gemälde verewigt wurde. Eine Verzerrung der Wirklichkeit, aber für ihn in diesem Moment wahr.

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Malen als Hinterfragung eines eigenen „Standpunkts“, als Offenbarung von Zusammenhängen (verborgenen), als Eintauchen in ein Malthema, ohne vorher die Frage des-wieder-auf-tauchens-zu stellen. Malen als Abenteuer, als Risiko. (23.02.2006)

seite 80

Alernativzitat:

Leerer Mensch, der du deine Wahrheit im dünnen Glanz der Oberfläche suchst! (12.07.2008)

DAS "WARUM" & "Wie"

Warum der Katalog heißt, wie er heißt und wie er zu Stande kam.

Unser Vater setzte sich immer wieder Phasenweise über sein gesamtes Künstlerleben in seinen Arbeiten mit der Industrie auseinander. 2012 und 2013 gab es dann auf Grund einer persönlichen, sehr negativ empfundenen Geschichte eine erneute Auseinandersetzung mit (industriellen) Bauwerken in der Natur. Er nahm sie als zunehmend negativ wahr (wie er auch in „Meine Heimat und ihre Feinde“ ausgiebig beschreibt).

Vorher niemals farblich so negativ besetzt und abgesetzt, war der Farbkontrast seitdem eindeutig (er meinte einmal: In der Natur gibt es kein Schwarz).
Trotzdem, oder gerade deshalb, malte er die Industrie immer wieder. Nicht etwa weil er das Vorgefundene für sehr ästhetisch hielt, sondern weil er sich mit dem Thema Naturzerstörung auseinandersetzen musste. Er versuchte zu begreifen, was da gerade um ihn herum passiert und er wollte seinen Standpunkt zu dem Thema hinterfragen, ändern oder bestärken.

Eine der ersten Zitat/Bild – Kombinationen, die wir als „Sichere Kombi“ bezeichneten, war diese. Aufgrund der Schwierigkeit, ein weißes Bild in einem Katalog sichtbar abzubilden, entschieden wir uns jedoch, dieses Gemälde nicht für die Ewigkeit auf Papier abzudrucken. So steht das Zitat nun alleine für sich im Katalog.

Ganz vorenthalten wollten wir Ihnen diese Zuordnung bzw. das Gemälde dazu dann aber doch nicht..

„Zu Wort“ gibt es aus unterschiedlichen Gründen.

Zum Einen, weil unser Vater vor Jahren Briefumschläge drucken ließ, auf deren Rückseite – geplante und schon vergebene – Katalogtitel aufgelistet sind, damit er beim Versenden den entsprechenden ankreuzen konnte.  Der unterste, bis dato noch nicht umgesetzte, Titel lautet „zu Wort“. 

Zum Anderen fand er in seinem Notizbuch so viele passende Worte, indem er beschreibt, erklärt und plant. Diese beiden Komponenten ließen uns quasi keine andere Wahl, als diesen Katalog umzusetzen.

Das es eine so sehr persönliche und emotionale Reise werden würde, war uns davor jedoch nicht bewusst. Während „Körperlandschaften“ ein eher (emotional) „leichtes“ Thema war, kamen hier alleine bei der Beschäftigung mit seinen Zeilen sehr viele Erinnerungen zum Vorschein, Vergrabenes und Offensichtliches. Am Ende war es trotz allen Momenten der Traurigkeit eine wunderschöne „Arbeit“.

So möchten wir zu allererst unserem Vater danken, dass er diese Worte, Gedanken und Ideen hinterlassen hat.
Des Weiteren bedanken wir uns bei Wilma Rapf-Karikari, die sehr schöne Worte zu den Worten gefunden hat, welche uns persönlich beim ersten Lesen tief berührt haben.
Danke auch Regina Weidinger, Maries Mama, die immer wieder vorbei kam, um doch nochmal ein Repro zu machen und sich so professionell wie liebevoll um die Feinabstimmung der Fotos gekümmert hat.
Und natürlich am Ende ein großes DANKE an unsere semiprofessionellen Lektoren. Luigi, Flo, Stephan.